Die Scala bleibt Milano
"Die Scala ist meiner Meinung nach das beste Operntheater der Welt, denn nur hier bietet die Musik den größten Genuss". Diesen Ausspruch tat Stendal am 24. September 1816 beim Verlassen einer Vorstellung. Nach zwei Jahren Abwsenheit aus seiner Wahlheimat feierte er damit die Rückkehr in die Mailänder Gesellschaft. Denn damals war die Scala nicht nur Operntheater, sondern hauptsächlich Treffpunkt der Crème de la Crème, da außer Opern und Symphoniekonzerten, Komödien und Dramen auch Fechtturniere und Bälle veranstaltet wurden. Nach über zwei Jahrhunderten triumphaler Existenz ist die Scala noch heute, wie der Dom, Wahrzeichen und Stolz der Stadt.
Ferdinand von Habsburg, Sohn Maria Theresas und Gouverneur des Herzogtums Mailand, nahm das Abbrennen einer der beiden bis dahin einzigen Schaubühnen zum Anlaß, um die Stadt mit einem würdigen Theater auszustatten. Giuseppe Piermarini (1734-1808) erhielt den Auftrag, Mailand dem vom Hause Habsburg ausgehenden europäischen Standard anzupassen und wurde gleichzeitig zum Kaiserlich-Königlichen Architekten ernannt. Das neue Theater sollte in der Nähe des damals schon verfallenen Klosters Santa Maria della Scala erstehen.. Das Grundstück wurde von Regina della Scala, Gemahlin von Bernabò Visconti, zur Verfügung gestellt.
Die Bauarbeiten gingen unglaublich zügig voran: am 5. August 1776 begann der Abbruch des alten Gebäudes, und nur zwei Jahre später, am 3. August 1778, fand die Einweihung der Mailänder Scala mit "Europa riconosciuta" von Antonio Salieri statt. Die gesamten Kosten von 1.4000.000 Lire wurden von Mailänder Adelsfamilien getragen, die als einzige Gegenleistung den Besitz der Logen forderten und erhielten. Das österreichische Kaiserhaus wurde somit eigentümer der Scala, ohne auch nur einen Taler ausgegeben zu haben. Trotz der relativ bescheidenen Dimensionen (24 m Länge, 21,6 m Breite, 20 m Höhe) erreicht der Innenraum, dank einiger perspektivischer Tricks, die Wirkung eindrucksvoller Grossartigkeit. Ausgesprochen genial sind einige von Piermarini erdachte technische Lösungen: Die Hufeisenform des Zuschauerraums und der Zuschnitt des Resonanzgewölbes aus schmucklosem Holz schafften die hervorragende Akustik, die der Scala einen Sonderplatz unter den ersten Theatern der Welt sicherte. Die in hellblauem Samt gehaltene Innendekoration von Albertolli hob besonders die Familienwappen der Adelslogen hervor. Die während der französischen Besetzung abhanden gekommene Originalausschmückung wurde 1830 von Perego ersetzt.